NEWS | 28. Juli 2023
Seit erstem August kann China theoretisch jederzeit die Lieferungen von Germanium und Gallium reduzieren oder auch ganz einstellen. Bei Germanium ist das Pentagon auf ein solches Szenario vorbereitet. Für den Fall der Fälle hat es eine für mehrere Monate ausreichenden Notreserve angelegt. Ganz anders sieht es beim Gallium aus. Hier sitzt die amerikanische Regierung sprichwörtlich auf dem Trocknen. Um für Versorgungsengpässe gewappnet zu sein, beauftragt das Pentagon daher amerikanische und kanadische Unternehmen, Gallium aus Elektroschrott und Abfällen der Halbleiterproduktion zu gewinnen.
Hierzu greift das Pentagon auf den Defense Production Act (DPA) zurück, ein 1950 im Rahmen des Korea-Krieges beschlossenes US-Gesetz. Dieses erlaubt es, Industriebetriebe zur Produktion von Gütern zu verpflichten, die wesentlich für die Landesverteidigung sind. Spätestens ab Ende des Jahres sollen Aufträge zur Galliumgewinnung priorisiert werden. Geplant ist bereits eine Zusammenarbeit mit der Lockheed Martin Corp., einem amerikanischen Rüstungs- und Technologiekonzern. Dieser betreibt zwar keine eigenen Minen, kann aber Gallium aus Halbleitern gewinnen, die es von verschiedenen Firmen bezieht. Laut einer Meldung von Reuters liegen die Quellen dieser Firmen allerdings teilweise in China. Recycling war im DPA bisher nicht vorgesehen, soll aber im Rahmen einer zeitnahen Änderung in das Gesetz mit aufgenommen werden
Das Verteidigungsministerium hält sowohl die geplante Investitionssumme als auch die Menge des einzulagernden Galliums geheim. Was es allerdings nicht verbergen kann, ist der große militärische Nutzen des Technologiemetalls: Gallium kann hohe Spannungen bei hohen Temperaturen leiten. Es spielt eine entscheidende Rolle in den Radarsystemen sowohl von Schiffen als auch an Land für die Abwehr von Luftangriffen, Geschossen und Drohnen. Als Teil von Telekommunikationstechnik und Halbleiterchips sowie LEDs ist es aus der Verteidigungstechnologie nicht wegzudenken. Arun Seraphin, der Geschäftsführer des Emerging Technologies Institute, das Teil der für militärische Technologie zuständigen National Defense Industrial Association ist, sieht es auch so. Er geht davon aus, dass Lieferbeschränkungen die Herstellung von Verteidigungssystemen verlangsamen oder die Kosten dafür in die Höhe schießen lassen würden.
Der Fall zeigt, dass Gallium mehr ist als ein „grünes“ Energiemetall für Elektroautos und Solarzellen. Die Verteidigungsfähigkeit ganzer Kontinente steht und fällt mit der Menge des dafür zur Verfügung stehenden Galliums. Eine interessante Frage für Investoren könnte lauten: Welche Metalle hat das Pentagon sonst noch zu lagern vergessen? Rhenium für Fahrzeugpanzerung? Hafnium für Atom-U-Boote? Oder das gerade im Preis steigende Indium für die Bildschirme im Büro? Neben Gallium und Germanium bieten alle diese Metalle eine gute Gelegenheit für private Käufer, in die derzeit attraktivste Assetklasse auf dem Markt zu investieren – und das auch noch weitgehend steuerfrei.