Dass unter Kiruna mehr als eine Million Tonnen Seltene Erden liegen, ist nicht erst nach deren Entdeckung Anfang dieses Jahres bekannt. Man schien sich vielmehr davor drücken zu wollen, diesen Rohstoffschatz zu heben. Gute Gründe dafür gäbe es genug: Fehlendes Bergbau-Knowhow, hohe Kosten und die ungelöste Frage, was man mit dem bei der Förderung unweigerlich entstehenden radioaktiven Uran und Thorium machen soll. Der Freudenschrei ob des „neuen Fundes“ zeigt immerhin die Bereitschaft, nach Lösungen für diese Probleme zu suchen, statt sie als Ausrede dafür zu nutzen, das „Dirty Business“ der Seltenen Erden China zu überlassen. Er bedeutet allerdings nicht, dass wir die Seltenen Erden jetzt schon nutzen können. Vielmehr werden durch lange Genehmigungs- und ein kompliziertes Abbauverfahren noch 10 bis 15 Jahre vergehen, bis Seltene Erden aus der schwedischen Mine dem Weltmarkt zur Verfügung stehen.
Seltene Erden aus Kiruna erst in 10 bis 15 Jahren
In vielen Ländern wird gegen den Abbau protestiert
Außerdem ist wegen der Auswirkungen des Abbaus auf die indigene Bevölkerung mit Protesten zu rechnen. Die Samen, Ureinwohner Lapplands, leben von der Rentierzucht. Da durch die Bergarbeiten im nordschwedischen Per Geijer ihre Rentiere nicht mehr zu den Weiden gelangen könnten, wollen die Bewohner vor Gericht klagen. Dies hatten sie in der Vergangenheit schon einmal erfolgreich getan. Auch in Malaysia gibt es immer wieder Proteste. Die Lynas Corporation hat dort ihre Raffinerie, gegen die die Bewohner regelmäßig wegen möglicher Umweltschäden demonstrieren. Über kurz oder lang könnte das dazu führen, dass das Unternehmen irgendwann den Standort nach Australien zurückverlegen muss. Auch die Bürgerinnen und Bürger von Madagaskar protestieren gegen einen Abbau Seltener Erden in ihrem Gebiet. Sie befürchten nicht nur Folgen für das reichhaltige Ökosystem des Inselstaates, sondern auch die Zerstörung von Ackerflächen und damit ihrer Lebensgrundlage.
Unvorhersehbare Folgen für die Umwelt erfordern lange Genehmigungsverfahren
Umweltschützer in Norwegen demonstrieren gegen den Tiefseeabbau: Unter dem Meeresspiegel wurden riesige Mangan-Knollen gefunden, die unter anderem auch Seltene Erden wie Scandium enthalten. Ein Abbau hätte aber unvorhersehbare Folgen für das Ökosystem des Meeres. Und in Spanien, genauer gesagt der Ciudad Real, im Südwesten der spanischen Meseta, war ein Projekt geplant, das täglich aus 200 Tonnen Monazit-Erz die Seltenen Erden herausbrechen sollte. Dieses wurde nach Protesten von Umweltschützern gerichtlich gestoppt, da der Abbau das Überleben des dort angesiedelten iberischen Luchses gefährdet hätte. In Grönland könnten ebenfalls Umweltargumente dazu führen, den Abbau des weltweit größten Seltenerdvorkommens zumindest zu verzögern. Experten gehen davon aus, dass der Fund den Weltbedarf für 150 Jahre decken könnte. Schon im Jahr 2024 könnte Tanbreez Mining mit dem Abbau beginnen. Umweltschützer gehen allerdings davon aus, dass es die arktische Umwelt schädigen könnte das leicht radioaktive Eudialyt-Erz in dem Gebiet abzubauen. Da das Ökosystem auf der arktischen Insel als eines der empfindlichsten weltweit gilt, könnte es durchaus sein, dass lange Untersuchungsverfahren und gerichtliche Klagen den Abbau um viele Jahre, wenn nicht Jahrzehnte, verzögern.
Uganda-Projekt hat niedrigen Erzgehalt
Ein weiteres neues Projekt ist „Makuutu“ in Uganda. Dieses gilt als eines der fortschrittlichsten Minenunternehmungen im Bereich schwerer Seltener Erden. Die dazugehörige Mine enthält 532 Mio. Tonnen ionischen Tons, der mit MREC („mixed rare earth carbonite“) durchsetzt ist. Schon im Jahr 2025 soll die Produktion an den Start gehen. Der Gehalt des Erzes liegt bei 640 ppm, was 0,064 % entspricht. Dieser Wert ist nicht sehr hoch. Die Minen mit dem höchsten Seltenerdanteil weltweit liegen bei etwa 14 %.
Fehlende Raffinerien
Weiterhin abhängig bleibt Europa bei der Weiterverarbeitung Seltener Erden. Europa hat dazu bisher nur eine einzige Raffinerie, im estländischen Sillamäe. Ansonsten müssen Seltene Erden hierzu entweder in die USA, nach Kanada oder Vietnam verbracht werden. Die mit Abstand meisten Erze schickt Europa aber immer noch nach China.
Lieferketten als Garant für Knappheit
Auch das Lieferkettengesetz trägt dazu bei, dass Seltene Erden aller Voraussicht nach knapp bleiben. BMW muss sich wegen der problematischen Zustände in den marokkanischen Kobaltminen vor Gericht verantworten. Da Unternehmen auch bei der Nutzung Seltener Erden die Verantwortung für deren Herkunft tragen, wird es immer wichtiger, diese grün zu produzieren. Es gibt bereits Projekte für eine solche Produktion beispielsweise in Norwegen. Da deren Ausbau nur langsam vonstattengeht, bleiben grüne Seltene Erden auf jeden Fall noch lange ein rares und damit auch teures Gut.
Sowohl durch die vielen Projekte als auch die ESG-Kriterien beim Abbau wird Chinas Hegemonie im Bereich der Seltenen Erden in einigen Jahren gebrochen sein. Noch ist es aber nicht so weit.