Die Tiefsee ist voll mit produktionskritischen Rohstoffen. Oft über 1000 Meter unter der Meeresoberfläche liegen Manganknollen, Eisenmangankrusten und Massivsulfiden mit für die Energiewende wichtigen Rohstoffen. Das größte dieser Vorkommen liegt im Nordpazifik, nahe des Äquators, zwischen Hawaii und Mexiko. Solche Rohstoffansammlungen enthalten neben Eisen, Kupfer, Zink und Edelmetallen auch wichtige Batterie-Materialien wie Kobalt, Zink und Seltene Erden. Es ist also nicht verwunderlich, dass Chinas Staatsführer Xi Jinping schon 2013 mit den Worten „Kümmere dich um den Ozean, verstehe den Ozean und bewirtschafte ihn strategisch“ zu einer Erkundung der Meere aufrief.
Xi Jinping rief schon 2013 zur Erkundung der Tiefsee auf
China hält 5 von insgesamt 31 Explorationslizenzen
Zuständig für die Vergabe von Abbau-Lizenzen ist die ISA (International Seabed Authority). Während die USA in dieser Organisation bloß einen Beobachter-Status innehaben, hält China 5 von insgesamt 31 Explorationslizenzen. Eine Erlaubnis zum Abbau kann die ISA vor 2025 nicht geben, da die Mitgliedsstaaten sich zunächst auf ein Regelwerk zur Prüfung möglicher Umweltauswirkungen verständigen müssen. Laut dem Brief der Abgeordneten an das Verteidigungsministerium drängt China die ISA dazu diesen Prozess zu beschleunigen. Der Brief fordert das Verteidigungsministerium daher dazu auf, sich mit allen Verbündeten, Partnern und der Industrie dafür einzusetzen, dass China keinen freien Zugriff auf die Tiefseerohstoffe erhält. Außerdem soll das Ministerium prüfen, inwieweit ein eigener Abbau von Tiefseemineralen zur Unabhängigkeit der Rohstoffversorgung von „nicht-verbündeten Ländern“ beitragen kann.
Tiefseebergbau birgt unvorhersehbare Umweltrisiken
Was sich hier abzeichnet, ist die Ausweitung des Wirtschaftskonflikts zwischen USA und China auf die Tiefsee. Das ist gefährlich, vor allem für die Natur. Manganknollen setzen bei ihrem Abbau oft radioaktives Material frei und der Tiefseebergbau ist generell in seinen Auswirkungen auf das Ökosystem des Meeres wenig erforscht. Trotzdem scheinen die USA zu befürchten, dass China den Westen bei der Produktion kritischer Metalle möglicherweise noch weiter hinter sich zurücklässt, wenn sie nicht auch selbst kritische Metalle aus der Tiefsee fördern.
Auch Norwegen spekuliert auf Tiefseemetalle
Und Europa? Während die meisten EU-Länder vom Tiefseebergbau die Finger lassen, will Norwegen in heimischen Gewässern die Auswirkungen von Tiefseebergbau auf die Meeresumwelt untersuchen. Das Land will so einen Wirtschaftszweig jenseits der Öl- und Gasindustrie entwickeln und „weltweit führend“ in einer nachhaltigen und verantwortungsvollen Bewirtschaftung der Meeresbodenschätze werden. Ob ein nachhaltiger Abbau von Tiefseemineralen möglich ist, sei dahingestellt. Außerdem müsste das Projekt noch von der norwegischen Regierung bewilligt werden. Aber was am wichtigsten ist: Vielleicht ist es gar nicht notwendig, auf dem Meeresboden nach Metallen zu suchen, weil es auf dem Land genug davon gibt.
Die Energiewende hängt nicht vom Tiefseebergbau ab
Laut einer von Greenpeace beauftragten Studie des Öko-Institutes ist die Energiewende nicht auf die Rohstoffe vom Meeresboden angewiesen. Diese würden dem Markt ohnehin erst frühestens ab 2030 zur Verfügung stehen. Rohstoffexperte Andreas Kroll kann dem nur zustimmen. Nach seiner Erfahrung liegt das Problem bei Seltenen Erden nicht darin, dass man auf dem Land zu wenige davon findet (wir berichteten: https://noble-bc.de/insights/news/warum-staendig-seltene-erden-gefunden-werden-und-sie-trotzdem-knapp-bleiben). Was vielmehr fehlt sind Raffinerien, um die Erze weiterzuverarbeiten und „grüne“ Seltene Erden zu produzieren.
Mit „grünen“ Seltenen Erden die Abhängigkeit von China mindern
Die EU plant eine Weiterentwicklung ihres Lieferkettengesetzes, daher wird eine Produktion nach ESG-Kriterien, die Umweltschutzauflagen einhält, immer wichtiger. Bei Seltenen Erden, die mit bisher unerforschten Methoden aus der Tiefsee geholt wurden, könnte das schwierig werden. Glücklicherweise hat Norwegen auch zu Lande Pionierarbeit geleistet. Das EU-Land verfügt über Europas einzige Produktionsanlage für „grüne“ Seltene Erden. (Wir berichteten) Wenn der Westen noch mehr solcher Produktionsanlagen inklusive Raffinerien aufbaut, kann er seine Abhängigkeit von China auch ohne Seltene Erden aus dem Meer wirkungsvoll verringern.