NEWS | August 24, 2023

Unvermeidbare Rückkehr zur Atomkraft oder Scheindebatte?

Kühlturm eines Kernkraftwerks. Stillgelegtes Kraftwerk.

Die Energiewende ist äußerst rohstoffintensiv, darüber besteht allgemeine Einigkeit. Weil eine Analyse des US-Energieministeriums bei 13 von 23 untersuchten Materialien, darunter Platin und die Seltenen Erden Praseodymoxid, Neodymoxid, Terbiumoxid und Dysprosiumoxid, erhebliche Versorgungsrisiken diagnostizierte, rufen verschiedene Medien zu einer Rückkehr zum Atomstrom nach schwedischem Vorbild auf. Etwas wichtiges wird bei derartigen Schnellschlüssen scheinbar übersehen: Der Faktor Zeit.

Abschalten geht schneller als hochfahren

Rund 15 Minuten dauert es, ein Atomkraftwerk herunterzufahren. Es nach einer Periode längeren Stillstandes wieder hochzufahren kann allerdings einiges mehr Zeit in Anspruch nehmen. Da die meisten abgeschalteten Kraftwerke keine Brennelemente gehortet haben, müssten diese neu beschafft werden. Laut Uwe Stoll, wissenschaftlich-technischer Geschäftsführer bei der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS), kann das 12 bis 15 Monate dauern. Spezialteile wie die Röhren für die Brennstäbe müssten zudem neu gefertigt werden, was ebenfalls Zeit kostet. Auch geschulte Mitarbeiter für das Kraftwerk lassen sich nicht immer ohne weiteres finden.

Am meisten Zeit brauchen die Genehmigungsverfahren

Am meisten Zeit würden die Genehmigungsverfahren in Anspruch nehmen. Für einen erneuten Betrieb bräuchte es laut einer Stellungnahme des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMBUV) die gesetzliche Aufhebung des Erlöschens (also der Abschaltung) und eine gesetzliche Laufzeitverlängerung. Das Verfahren käme somit einer Neugenehmigung gleich, die zwei bis fünf Jahre oder sogar noch länger dauern kann. Würde man ein Atomkraftwerk durch ein Neues ersetzen, zum Beispiel um abfall- und risikoärmere Thorium-Flüssigsalzreaktoren zu installieren, läge der gesamte Zeitaufwand sogar bei etwa 12 Jahren.

Beste Voraussetzungen für Kernfusion

Fehlende Zeit ist das ungelöste Problem der Energiewende, nicht Rohstoffmangel. Eine Renaissance der Atomkraft hilft hier nicht weiter. Daher wäre es vielleicht das Beste, gleich zur Kernfusion voranzuschreiten. Teile der Infrastruktur von Atomkraftwerken können für deren Reaktoren wiederverwendet werden. Vertrauen darin, dass kostengünstiger Strom aus fusionierten Wasserstoffatomen sich vielleicht schon in der nahen bis mittelfristigen Zukunft verwirklichen lässt, zeigte Microsoft mit seiner Investition in das Kernfusionsprojekt des Energieunternehmens Helion Energy. Mit dem Unternehmen hat der Computerriese einen Stromabnahmevertrag für 2028 abgeschlossen, das Jahr in dem der Reaktor an das Washingtoner Stromnetz angeschlossen werden soll. (wir berichteten)

Die Rohstoffknappheit der Energiewende bietet Chancen für Investoren

Die Zeit bis dahin müssen wir irgendwie überbrücken. Unsere Empfehlung: Sowohl Atomkraft, als auch erneuerbare Energien und Kernfusion brauchen Technologiemetalle und Seltene Erden. Da die derzeitige Knappheit dieser Rohstoffe zu steigenden Preisen führt, können sie eine interessante Investition mit attraktiven Renditemöglichkeiten sein.