NEWS | 22. Januar 2024

Thorium-Reaktoren: Deutschland hat kein Energieproblem, sondern eine Innovationsphobie

Kernreaktor, roter abstrakter Hintergrund. Illustration. 3D-Darstellung.

Der Spruch: „Atomkraft, nein danke!“ ist von gestern. Trotzdem leben und handeln wir immer noch danach, als hätte sich die Forschung nicht auch nur einen Millimeter weiterbewegt. Das könnte uns teuer zu stehen kommen, da Flüssigsalz-Reaktoren mit Thorium Energie nicht nur risikoärmer, sondern auch deutlich billiger als herkömmliche Atomkraftwerke produzieren können.

Halbwertzeit von 300 Jahren statt 7,4 Millionen Jahren

Österreich hat das erkannt. Forschende aus Graz arbeiten an einem sicheren Thoriumreaktor ohne Langzeitmüll oder Uran. Durch eine neue Bauart wollen die Wissenschaftler die Atomkraft in sauberer Form zurückbringen. Atomenergie ist zwar in Österreich gesetzlich verboten, allerdings bezieht sich das Gesetz auf heute veraltete Reaktoren, die Atommüll mit Halbwertzeiten um die 7,4 Millionen Jahre hinterlassen. Thoriumreaktoren funktionieren komplett anders, ihre Halbwertzeiten liegen nur bei etwa 300 Jahren. Die Macher hoffen daher auf eine baldige Zulassung.

Exportschlager risikoarmer Atomstrom?

Der Reaktor ist so klein, sodass er in einen Schiffscontainer passt. Tatsächlich denken die Hersteller darüber nach, ihn in die europäischen Nachbarländer zu exportieren. Österreich hat zwar keine eigenen aktiven Atomkraftwerke, ist aber von denen seiner Nachbarländer umstellt. Und diese sind noch in der alten, riskanten Bauart konstruiert. Mit ihrem neuen Modell wollen die Entwickler Österreichs Nachbarländern eine Möglichkeit anbieten, auf einen effizienteren risikoärmeren Atomstrom umzustellen.

Atomumstieg statt Atomausstieg

Auch Deutschland könnte ein potenzieller Abnehmer dieser Technologie sein. Voraussetzung dafür wäre, den 2022 begangenen „Atomausstieg“ zum „Atomumstieg“ zu erklären. Auch deutsche Forscher haben einen auf Thorium basierenden Flüssigsalz-Reaktor entwickelt. Durch den nuklearen Ausstieg ist dessen Bau hierzulande aber nicht möglich, so dass das Kraftwerk stattdessen in Ruanda gebaut wird.

Stromproduktion mit Thorium wäre 350-mal günstiger

Thorium ist ein besonderes Material. Ein kleines Döschen davon reicht aus, um 4 Haushalte ein Jahr lang mit Energie versorgen zu können. Während der Strom von Uranreaktoren 10 Euro pro elektrische Megawattstunde kostet, liegt der von Thoriumreaktoren nur bei 0,029 Euro. Das ist 350-mal so günstig. Das Schwermetall lässt sich in Kraftwerken zu Uran-233 umwandeln, das dann durch Kernspaltung die billige Energie liefert. Interessant ist dabei auch die Kühlung: Diese erfolgt nicht durch Wasser, sondern durch das geschmolzene Salz, in dem die Brennstoffe gelöst sind. Weil er nicht von Wasserkühlsystemen abhängt, kann der Reaktor dadurch nicht durchbrennen. Er schaltet sich einfach von selbst ab, sobald der Brennstoff aus der Reaktorzone fließt. Daher sind Thorium-Flüssigsalzreaktoren als 100 % sicher klassifiziert.

Potenzieller Sondermüll als grüner Energielieferant

In China hat die Regierung voriges Jahr den ersten dieser Reaktoren freigegeben. Mit seinem grün produzierten Strom leistet dieser ab sofort einen wichtigen Betrag für Chinas Plan, bis 2060 klimaneutral zu werden. China hat hier einen entscheidenden Vorteil, denn Thorium fällt als Abfallprodukt bei der Produktion Seltener Erden wie Neodymoxid, Scandiumoxid und Dysprosiumoxid an. Da auch europäische Länder zunehmend in die Produktion dieser kritischen Rohstoffe einsteigen wollen, ist auch hier eine erhöhte Produktion von Thorium zu erwarten. Wie die EU-Länder den Rohstoff nutzen werden, ist offen: Bei einigen Ländern wird das Thorium nutzlos als Sondermüll auf einer Halde enden, bei anderen dient es als kostengünstiger grüner Energielieferant. Thorium kann man übrigens auch bei der Noble BC kaufen.

weitere News