NEWS | 31. Oktober 2024

Aufstand in Myanmar: Dysprosium-Mangel könnte Chip-Industrie hart treffen

Junta Militer Myanmar. Myanmarer Flagge und Soldatenschatten

Vor gut einer Woche hat eine bewaffnete Gruppe in Myanmar die Kontrolle über ein Bergwerk an sich gerissen, das vorher im Besitz der Junta-freundlichen NDA-K war. Die Situation in dem südostasiatischen Staat verdeutlicht, wie geopolitische Konflikte, verbunden mit viel menschlichem Leid, Lieferketten bedrohen können. Die Mine hatte China mit sowohl für Klimatechnologie als auch modernste Halbleiter unverzichtbaren schweren Seltenen Erden wie Terbiumoxid und Dysprosiumoxid beliefert – diese Industrien könnten schon bald von akutem Versorgungsmangel bedroht sein.

KI-Chips brauchen hochreines Dysprosiumoxid

Die Super-Fähigkeit der schweren Seltenen Erde Dysprosiumoxid ist zu verhindern, dass sich Magneten durch Hitze entmagnetisieren. Das macht sie zu einem wahrhaft „heißen“ Kandidaten sowohl in Windrädern als auch Elektroautos. Aber auch Firmen wie NVIDIA brauchen das Metall dringend für Top-Notch-Halbleiter. Denn die Kondensatoren von KI-Chips, bestehen schon seit mehreren Jahren aus Dysprosiumoxid in höchstveredelter Form. 99,9 % dieses Rohstoffes stammen aus chinesischer Fertigung. Und das Hauptlieferland sowohl für Terbiumoxid als auch Dysprosiumoxid ist Myanmar, wo Aufständische jetzt die Seltenerdmine im Kachin-Staat besetzt halten.

Myanmar ist weltweit der größte Exporteur schwerer Seltener Erden

Das Marktforschungsunternehmen Adamas Intelligence befürchtet, dass die Kachin Indepencence Army (KIA), die Myanmars Militär-Junta bekämpft, die Verschiffung von Seltenerdkonzentraten nach China stören könnte. Diese ist schon jetzt unter anderem wegen des Monsuns seit vier Monaten rückläufig. Im vergangenen Jahr lieferte Myanmar etwa 50.000 Tonnen Seltene Erden aus Ionenadsorptionstonen nach China. Damit übertraf das Land die chinesische Förderquote dieser Tone von 19.000 Tonnen und wurde zum weltweit größten Exporteur schwerer Seltener Erden. Ein Lieferstopp hätte ziemlich sicher Auswirkungen auf westliche Industrien.

Dysprosium könnte zum neuen Zankapfel im Halbleiterkrieg werden

Seltene Erden sind ein Zankapfel im Kampf der USA und China um fortschrittliche Technologie. Als Teil von Halbleitern und damit von KI könnte das für Dysprosium in besonderem Maße gelten. Vor ein paar Tagen ist die EU in amerikanische Fußstapfen getreten und hat immense Zölle für chinesische E-Autos beschlossen. Frei nach dem Tit-for-Tat-Prinzip könnte China (das ist zumindest eine Theorie) darauf mit Exportstopps bei schweren Seltenen Erden antworten. Das würde die westliche Industrie kalt erwischen, da sie nicht genug dieser Metalle gelagert hat.

Qualität reicht für Magneten, aber nicht für Halbleiter

Chinas zunehmend strafferer Kurs bei der Verwaltung ihres Monopols führt dazu, dass westliche Staaten sich schon länger um eine unabhängigere Lieferkette kritischer Metalle bemühen. Das US-Unternehmen MP Materials hat einen Vertrag mit dem Defense Department, dass es die Mountainpassmine darauf vorbereitet, das in geringer Konzentration im Erz vorhandene Dysprosium zu fördern. Auch Solvay in Frankreich will Dysprosium produzieren, allerdings in einer Qualität, die nur für Magnete, nicht aber für Halbleiter ausreicht.

Letzte Neo-Raffinerie fällt an China

Fast das gesamte halbleitertaugliche Dysprosiumoxid entsteht in der Wuxi Raffinerie, die dem kanadischen Unternehmen Neo Performance Materials gehört und in China steht. Diese ist eine von zwei Raffinerien, die noch nicht dem Staat gehören. Das könnte sich jedoch schon bald ändern: Nachdem Neo in 7 Jahren den 100-teiligen Prozess der Herstellung hochreinen Dysprosiumoxids erlernt hatte, verkauft es jetzt 86 % seiner Wuxi Raffinerie an Shenghe Resources, eine chinesische Firma, die auf dem Shanghai Aktienmarkt gehandelt wird. Ihr größter Anteilseigner ist Chinas Ministerium für natürliche Ressourcen.

Steigende Preise sind wahrscheinlich

Damit schließt sich Chinas Griff um das Dysprosium. Was das für westliche Firmen bedeutet, ist ungewiss. Seit erstem Oktober müssen Unternehmen, die seltene Erden fördern, schmelzen, trennen oder exportieren, ein Rückverfolgungssystem implementieren. Angesichts des nach der Wahl in den USA möglicherweise noch weiter eskalierenden Handelskriegs sollten sowohl Unternehmen als auch Anleger sich auf steigende Preise vorbereiten.

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